Ein historisches Literaturprojekt

Erster Exkurs in die portugiesische Geschichte

Als 1383 der letzte burgundische Herrscher ohne legitimen männlichen Nachfolger stirbt, wäre Portugal im Wege der Erbfolge an die kastilische Krone gefallen. Leonore, die Witwe des verstorbenen Königs, übernahm die Regentschaft, doch in Lissabon regte sich Unmut gegen ihre Herrschaft. Sie war äußerst pro-kastilisch eingestellt und hatte auch noch einem galizischen Ritter und ihren Liebhaber Graf von Ourém umfangreiche Machtbefugnisse eingeräumt. Schließlich entlud sich die Situation in einem Aufstand, der als die „Revolution von 1383“ in die Geschichtsschreibung einging. Ein unehelicher Halbbruder des verstorbenen Königs, João de Avis, stellte sich an die Spitze des Aufstandes. Er tötete Graf von Ourém von eigener Hand und nach nur sechs Wochen war Leonores Herrschaft beendet. Sie floh nach Kastilien.

Diese Ereignisse rief wiederum Kastilien auf den Plan, das mit einem großen Heer in Portugal einfiel. Die Cortes, das portugiesische Adelsparlament, ernannt João de Avis zum „Verteidiger des Vaterlands“. Es ging gleichzeitig aber ein Riss durch Portugal. Der Hochadel stand auf Seiten der kastilischen Eindringlinge. Der niedrige Adel, das Bürger- und Bauerntum stand auf der Seite Joãos.

Am 14. August 1385 wurde in der Schlacht von Aljubarrota das größere und bessere ausgebildete kastilische Heer, durch das strategische Geschick eines portugiesischen Heerführer, geschlagen und somit dauerhaft der Herrschaftsanspruch der kastilischen Krone abgewehrt.

Für João de Avis war nun der Weg frei sich zum König von Portugal krönen zu lassen – João I.

Sein fünfter Sohn Henrique, später genannt „Heinrich der Seefahrer″, wird das Zeitalter der Entdeckungen einleiten und damit Portugal für fast zweihundert Jahre zu einer der führenden Großmächte der Welt machen. Als Gouverneur der Algarve beginnt er 1418 mit einem ehrgeizigen Programm zur Erschließung des Seeweges nach Indien. Jede der Entdeckungsfahrten reichte weiter nach Süden – immer entlang der afrikanischen Küste. Als er im Jahre 1460 stirbt, zählt zu seinen Leistungen, neben der Besetzung der Azoren und Madeiras, die südliche Erkundung bis fast zum Äquator und westlich bis zur Sargassosee.

König Manuel I., der 1495 den portugiesischen Thron besteigt, weiß, dass Portugals Zukunft jenseits der iberischen Halbinsel liegt und finanziert großzügig weitere Entdeckungsreisen. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts verlässt jedes Jahr zwischen März bis April mindestens ein kleiner Schiffsverband unterschiedlicher Größe Portugal – alle mit Ziel der Erkundung des Seewegs nach Indien. Die Grenzen der bekannten Welt werden immer weiter nach Süden getragen. Dann wird das Kap der Guten Hoffnung entdeckt. „Gute Hoffnung“, weil man guter Hoffnung war, bald den Seeweg nach Indien und zu den Gewürzproduzenten gefunden zu haben.

Endlich kurz vor der Jahrhundertwende, 1497 war Vasco da Gama erfolgreich. Fünf Jahre zuvor hatte Kolumbus Amerika entdeckt, von dem er bis zum Ende seines Leben glaubt, es seien Inseln im Westen Indiens.

Die Reichtümer, die die portugiesischen Geschwader nach jeder Reise nach Portugal zurückbringen und über die Casa de Índia in ganz Europa vertrieben werden, sind überwältigend und sichern die Vormachtstellung Portugals.

Ein sehr interessantes und meist unbekanntes Kapitel der Entdeckungsgeschichte ist der Sklavenhandel an den Küsten Afrikas. Jetzt fallen einem sofort bekannte Bilder ein, doch das System war deutlich komplizierter und überraschender – nicht für die Leidtragenden.

In Indien brauchen die Portugiesen im Tausch gegen Gewürze ein kräftiges Zahlungsmittel. Mit Glasperlen und Kämmen ließen sich die indischen Kaufleute, die kulturell sehr hochstanden, nicht abspeisen. Europäische Waren gelten in Indien und ganz Asien als minderwertig. Ganz besonders die groben europäischen Stoffe sind in Indien wertlos. In Goa, dort wo die Portugiesen einer ihrer ersten Handelsstationen aufbauen, werden Tücher gewoben, die weltweit ihres Gleichen suchen. Das einzige Zahlungsmittel, das wirklich von Wert war, war Gold.

Gold bekam man an der afrikanischen Küste – bis ins 20. Jahrhundert Goldküste genannt. Im Hinterland befanden sich damals, oft von Muslimen, aber auch von schwarzen Häuptlingen betriebene Goldminen. Diese Minen benötigten Arbeiter. Die Arbeit war hart, gefährlich und nicht selten tödlich.

Auf ihren Reisen entlang der Küste fanden die Portugiesen in der Höhe des heutigen Angola, bei vielen küstennahen Stämmen Häuptlinge, die gerne Handelspartner der Portugiesen sein wollten. Für sie hatten Glasperlen, grobe Stoffe und andere minderwertige Waren einen gewissen Reiz und nicht ungerne war man bereit, dann küstenferne Dörfer zu überfallen und Menschen zu rauben.

So betätigten sich einige portugiesische Kapitäne schon früh als Sklaventransporteure. Man schaffte das „Menschenmaterial″ vom südlicheren Afrika an die Goldküste im Tausch gegen Gold. Dieses Gold fand den Weg nach Indien und schließlich wurden in den portugiesischen Häfen feinste Stoffe und wohlschmeckende Gewürze entladen. Das Schicksal der Unglücklichen war schon längst vergessen.

Im Dezember 1521 stirbt König Manuel I. – man nannte es das Goldene Zeitalter. Portugal hatte Weltmachtstatus erreicht.
König João III. setzt die Politik seines Vorgängers fort. Mit neunzehn Jahren besteigt er den Thron. Im Reigen der europäischen Monarchen liegt das Durchschnittsalter bei rund fünfundzwanzig Jahren, damit ist er einer der Jüngsten, aber auch einer der Reichsten.

Außenpolitisch gelingt ihm fast alles. Portugal beherrscht zwei Drittel der west- und ostafrikanischen Küsten, Küstenstriche in Indien und Arabien und Handelsstützpunkte in Indonesien und sogar in China.

Privat ist sein Leben von Katastrophen geprägt. Vier Jahre nach Thronbesteigung heiratet er Katharina von Kastilien. Dann, ein Jahr später, wird der Stammhalter Afonso geboren, der aber nach wenigen Monaten stirbt.

1527 erblickt Tochter Maria Manuela das Licht der Welt. Sie wird mit sechzehn Jahren mit dem spanischen Kronprinzen Felipe verheiratet. Nach der Geburt ihres Sohnes Carlos stirbt sie wenige Tage später im Kindbett.


Eingestellt: 19.04.2015 Wenn Sie aus dem Roman gekommen sind
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Geändert: 19.04.2015