Ein historisches Literaturprojekt

Zweiter Exkurs in die portugiesische Geschichte

Trotz weiterem, redlichem Bemühen um einen Thronfolger wird der portugiesischen König João III. nicht glücklich werden. Binnen zehn Jahren werden ihm ab 1530 fünf weitere Söhne geboren – vier sterben jedoch im Kindesalter.

Schließlich stirbt im Jahre 1554 seine allerletzte Hoffnung, Thronfolger João Manuel, mit sechzehn Jahren. Ob Tuberkulose oder eine Diabetes, die sein Großvater mütterlicherseits, Felipe I. von Spanien auch hatte, kann heute nicht mehr festgestellt werden.

Mit letztem Satz offenbart sich eigentlich das tragische Schicksal des Hauses Avis, das mit João I. begann. Der Untergang des Hauses Avis liegt in dem ‚geplanten Inzest‘ mit anderen den Königshäusern auf der iberischen Halbinsel – Kastilien, Aragon, León und so fort. Sicherlich dachte man sich im Hause Avis, das eine maximale Anzahl an genealogischen Banden die Wahrscheinlichkeit auf eine territoriale Erbschaft erhöhen würde. Der Plan wäre auch aufgegangen, wenn nicht die Infanten der portugiesischen Könige an Inzestkrankheiten oder im Allgemeinen an einem schlechten Gesundheitszustand litten.

Auch wenn man heute die Beschwerden der Infanten und Infantinnen nicht zweifelsfrei auf viele inzestuöse Beziehungen der vorangegangenen Generationen zurückführen kann, ein Blick in den Stammbaum des Hauses Avis, kombiniert mit dem Aragons, Kastiliens und Habsburgs spricht Bände.

Obwohl João Manuel so jung stirb, konnte er noch mit seiner zwei Jahre älteren Frau Juana, übrigens einer Cousine ersten Grades, einen möglichen Thronerben zeugen – Sebastião. Er wird 18 Tage nach dem Tod seines Vaters geboren und gehört schließlich zu der tragischsten Gestalt des Hauses Avis.

Er wird in die Obhut seiner sehr religiösen Großmutter väterlicherseits Catarina de Áustria, einer Habsburgerin, gegeben. Als Sebastião drei Jahre alt ist, stirbt sein Großvater, der bis zu diesem Tage portugiesischer König war. Jetzt, da es keinen anderen Nachfolger gibt, wäre die Reihe an ihm. Doch Sebastião ist viel zu jung. Die Regentschaft übernimmt seine Großmutter. Sie wird es auch sein, die 1536 das Inquisitionstribunal einsetzt. In den nächsten 200 Jahren werden fast 1.500 Menschen von der Inquisition zum Tode verurteilt. Nach weiteren drei Jahren übernimmt Regentschaft für Sebastião, der Großonkel, Kardinal Henrique.

Mit vierzehn Jahren wird Sebastião König von Portugal. Der, von Jesuiten erzogene Herrscher, hängt einem mittelalterlichen, romantischen Trugbild von Ritterschaft und Kreuzzügen nach. 1578 endet dieses verklärte Weltbild für ihn – und für Portugal – in einer Katastrophe. Auslöser war ein Thronfolgestreit im Sultanat Fès. Sebastião fällt mit einer Heerschar im heutigen Marokko ein. Beseelt von dem Gedanken Nordwestafrika für das Christentum in alter Kreuzfahrermanier zu erobern und angestachelt von schlechten Beratern, wird er von dem überaus überlegenen Heer des Sultans Muley Abd-el Malik bei Alcácer-Quibir gestellt und vernichtet. Sebastiãos Leiche wird nie gefunden, was über Jahrhunderte Anlass für Spekulationen geben wird.

Da Sebastião weder geheiratet, noch für Nachwuchs gesorgt hat, übernimmt wieder ein Regent die Königswürde – und wieder ist es sein Großonkel, der kinderlose Kardinal Henrique. Er beschäftigt sich die letzten zwei Jahre seines Lebens sehr intensiv mit der Nachfolge auf dem portugiesischen Thron und kommt zu dem Schluss den spanischen König als Erben einzusetzen.

Im Jahre 1580 fällt die portugiesische Krone an Felipe II. von Spanien, einem Schwager von Sebastiãos Vater. Das Haus Avis hat keinen männlichen Nachfolger und ist damit erloschen.

Für achtzig Jahre regiert Spanien gegen alle Zusagen Portugal wie eine Provinz, was neuen Unmut bringen wird. Mitte des 16. Jahrhunderts wird ein Aufstand die Situation ändern und ein neuer König João IV., aus dem Hause Braganza, wird die Macht übernehmen. Das Haus Braganza wiederum geht auf eine nichteheliche Line des Hauses Avis zurück. König João I. hatte eine Geliebte, deren Kinder das Haus Braganza begründeten. Portugal findet nichtmehr zu seinem alten Glanz zurück.

Es ist doch bemerkenswert, wie innerhalb von zwei Generationen aus einem blühenden und weltpolitisch wichtigen Land, eine spanische Westprovinz wird. Diese Schwächung Portugals wird sich in den letzten Jahren des sechzehnten Jahrhunderts anderen Nationen Europas den Raum geben, sich zu Großmächten zu entwickeln. Nationen, wie England und die Niederlande.


Eingestellt: 19.04.2015 Wenn Sie aus dem Roman gekommen sind
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Geändert: 19.04.2015